Die scheinbare Zerrissenheit unserer Welt bedarf Augen, die in der Lage sind, ein neues Ganzes zu sehen. Diese neue Ganzheitlichkeit ist keine Frage fest definierter Begriffe mit einem ein für allemal dazu passendem Bild, sondern es erwächst stets neu aus den Experimenten einer intensiven Sinnenpraxis, die durchaus im Denken ihre Vergeistigung erfährt. (Der denkende menschliche Geist ist nicht einseitig begrifflich logisch.) Die Zerrissenheit der Welt ist eine Frage des Blickwinkels, der Betrachtungsweise, des Anschauens der Welt - der Weltanschauung. Seit der einsteinschen Relativitätstheorie wird uns immer mehr bewusst, dass die klassische Denkweise vom Einssein der Begriffe, Termini und Gesetzlichkeiten mit den tatsächlichen Vorgängen in der Natur nur eine momentane Festlegung des Denkens vom gerade gegenwärtigen Erkenntnisstand aus ist. Verschiedene Standpunkte ergeben verschiedene Blickwinkel und also verschiedene Bilder der Erkenntnis. Ich bin überzeugt, dass in der Ganzheitlichkeit eines solchen Bildes ein Gleichnis zum tatsächlichen Weltgeschehen liegt. In der Alltagspraxis haben wir uns in ein Denksystem mit den dazugehörigen Begriffsfestlegungen innerhalb einer konventionellen Betrachtungsweise eingerichtet, um miteinander (mehr oder weniger geschäftlich) klarzukommen, um letztlich die Umwelt materiell optimal benutzen zu können. Über diesen Nützlichkeitseffekt hinaus, schaut sich jeder schöpferisch lebendige Mensch die Welt so an, wie er die Welt von seinem Standpunkt aus empfindet, erfährt und erlebt. Die Tatsache, dass alle Dinge (irgendwie, aber von uns nicht eindeutig bestimmbar) kosmisch zusammengehören, lässt die verschiedensten Betrachtungsweisen zu. Der Betrachter bestimmt subjektiv, welche sichtbare Erscheinung mit welch anderer in Verbindung - also in Zusammenhang - gebracht wird. Diese subjektive Betrachtung geht über die Begriffe hinaus (die Begriffe, die ihre Logik immer aus dem Herausisolieren bestimmter dem Menschen einen konkreten Nutzen bringendenSinneswahrnehmungen und - Erfahrungen aus der Ganzheitlichkeit der Welt beziehen).

Der schöpferische Mensch lebt die tatsächliche Sinnesempfindung aus. Die freie Entfaltung und Spontaneität durchbricht das Gefängnis der vom festgelegten Zweck bestimmten Kausalitäten. Die Dinge erleuchten sich in uns und sind voller Sinn - also bildfähig.

Der Maler macht bildfähige Sinnesäußerungen. Er bildet etwas sinnlich wahrnehmbares aus der konkreten sinnlichen Praxis heraus und reißt dabei die etablierten traditionellen Zusammenhänge (die von festgelegten Zwecken bestimmten Kausalitäten) auseinander. Das so Zerrissene bildet sich als Zusammenhang neu. Eine neue Sicht bildet sich - eine neue Weltanschauung – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes als Anschauung und nicht als Theorie, die ein für alle mal etwas definieren und damit festlegen will.

Der Mensch sieht Teile, die ein Ganzes bilden. Die Teile erscheinen uns dabei als ein Gleichnis zum Ganzen. Es liegt immer an der Betrachtungsweise, in welchem Ausmaß ein Teil als Ganzes angesehen wird. Teile prallen aufeinander, weichen sich aus, vermischen sich, verwandeln sich, sind aus der Entfernung eins, aus der Nähe viele ..., sie wirken und weben frei - ein jedes seine eigenen Bedingungen stellend mit, zu und gegeneinander. Der Mensch definiert das als Zusammenhang. Ein ganzheitliches Teil als solches festzulegen, obliegt der subjektiven Anschauung des Definierenden. Den Erfinder interessiert die Freiheit der wie auch immer definierten Teile, Zusammenhänge zu bilden. Die bildnerische Erfindung oder Schöpfung lässt den Materialien infolge der Energie-, Kraft - und Sensibilitätsentfaltung des Bildners freien Lauf, verfolgt, welche Zusammenhänge sich bilden und definiert einen Bildzusammenhang, der die Definitionsfreiheit des Betrachters nicht einschränkt. Als Teil des Ganzen findet der Mensch in sich selbst eine Ahnung des Ganzen, welches die menschlichen Zulänglichkeiten um ein Unendliches übersteigt. Wir sind lediglich in der Lage, aus einer subjektiven Existenz heraus ein Ganzes zu erfinden. In der Sinnestätigkeit erfinden wir uns selbst und erfahren uns als ein ausgeschiedenes vereinzeltes Ganzes, welches frei seinen Zusammenhang nach außen entscheidet. Wir sind (wenn wir wirklich und lebendig sind) kein Rädchen im Getriebe des Ganzen, sondern eine freie Existenz, die im Mit - und Gegeneinander zu anderen freien Existenzen ein nicht festlegbares Ganzes bildet. Es gibt keine abgeschlossenen Definitionen, keine feststehenden Zusammenhänge, keine eindeutigen Formen ein für allemal festgelegter Teile. Die innere Kraft der Alleinheit wirkt und webt in Form freier Existenzen, woraus sich die Gesamtexistenz schöpft, die eben nicht festgelegt ist, sondern jeder freien Existenz Stoff und Kraft zur Wirklichkeit (Zeit und Raum zum Wirken und Weben) gibt. So wie der Mensch niemals eindeutig erkennen kann, wohin sein Wirken - seine Wirklichkeit - geht, so ist Form und Geist des Ganzen nicht fassbar, aber durch die Sinneserfahrung als Gleichnis magisch erlebbar. Der Zauber des Daseins - der Existenz - dringt in' s Bewusstsein und macht uns zu Erfindern - zu Schöpfern - einer geistigen Existenz. Das kostet viel Kraft, Energie, Schweiß, Schmerz, Angst und Mut, um wenigstens manchmal für einen kurzen seelischen Moment die Kraft der Schöpfung in sich zu spüren. In diesem Momenten geht man über die eigene Existenz hinaus, und man hat sich ganz hingegeben. Der Schöpfer gibt alles für jegliche Existenz. Er pfeift auf "gut" und "böse" und all die anderen allzu menschlichen Festlegungen, die aus dem Leben eine Kette von Feigheiten machen, nur um sich in seinem bürgerlichen Wohlsein zu bewahren.



Wenn ich male,, dann will ich weiter nichts, als sichtbar machen, was ich zu fühlen im Stande bin, und zwar mit allen mir verfügbaren Mitteln, selbst wenn ich das Papier oder die Leinwand (den Bildträger) dabei teilweise oder gar ganz zerstöre. Spontan aus dem Gefühl, aus Trance und Selbstversunkenheit heraus erspiele ich sich ständig verändernde Fantasien (Einbildungen = Imagines = Bilder).

Mein Konzept: Jegliches - dem Malprozess Vorherdenken - rhythmisch wegmeditieren. Ich versuche den Zustand der Selbstvergessenheit zu erreichen. Intensive Musik ist dazu sehr dienlich. Sich selbst vergessen bedingt, dass man ein Selbstsein hat (mit all den im Hirn notierten Erfahrungen, Erkenntnissen, Selbstwertgefühlen - und Empfindungen, die das eigene Sein bewusst machen). Dieses "sich selbst Vergessen" übersteigt / transzendiert das Selbstsein - das Ich - und schließt mich auf für den Rausch des Allheitserlebnisses - der Ganzheitlichkeit. Der Prozess des Entstehens, der Erfindung, der Schöpfung ist möglich. Das Bewusstsein bildnerischer Erfahrungen (in der Kunstwissenschaft: - bildnerische Gesetze) gehört zum Selbstsein. Das Machen bildnerischer Erfahrungen ist transzendent (übersteigt unser Bewusstsein). Der Bereich des Bekannten wird verlassen. Die eigentliche schöpferische Lebendigkeit beginnt. Insofern pfeife ich z.B. auf alle vorgefassten Erkenntnisse über die Wirkung von Farbe - auch auf die psychologischen Deutungen. Wenn ich aggressiv bin und mir steht nur ein sogenanntes beruhigendes Grün zur Verfügung, dann handle ich trotzdem direkt - also aggressiv. Die Malaktion ist entscheidend für die Wirkung - die Wirklichkeit - der Farbe. Man kann sich natürlich auch eine Farbpalette vorbereiten, bereitstellen und gespannt darauf sein, was damit in der Malaktion damit passiert.





Ich habe meine Malerei selbst erfunden und erfinde sie ständig neu. Ähnlichkeiten mit den Bildern anderer Maler sind rein zufällig und zudem nur äußerlich. Diese Ähnlichkeiten stimmen mich außerdem sehr optimistisch. Das ist wie in der Begriffswelt. Wenn da zwei Leute unabhängig voneinander die selbe Erkenntnis in Worte fassen und die Aussagen identisch sind, dann gilt die Erkenntnis als wahr. Oder: Rechne ich eine Mathematikaufgabe auf zwei völlig unterschiedliche Methoden durch und erhalte zweimal das gleiche Ergebnis, dann gilt uns das Ergebnis als richtig.






Bisher ging jedem Zeichen eine Bedeutung voraus. Jetzt inszeniert sich spontan jedes Zeichen selbst aus der freien Handlung des Zeichensetzenden heraus und schafft seine eigene Bedeutung. Diese Bedeutung ist assoziativ, offen und evoziert Welten als freie Schöpfung menschlicher Geistigkeit. Die Bedeutung ist das Zeichen. Alle figürlichen Assoziationen werden vorgeführt vom Zeichen und haben somit Bedeutung, da die Bedeutung ja ein Zeichen der inneren Welt des Malers bzw. des Zeichners ist.